BAG: Probezeit im befristeten Arbeitsverhältnis – Was gilt?

von | 10. Nov. 2025 | Arbeitsrecht

Wie lang darf eine Probezeit bei befristeten Arbeitsverträgen sein?

Die Kombination von Probezeit und befristetem Arbeitsverhältnis ist im Arbeitsrecht immer wieder Gegenstand von Streitigkeiten – zuletzt auch vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG). Denn obwohl das Gesetz eine gewisse Flexibilität erlaubt, stellt sich die Frage: Wie lang darf eine Probezeit in einem zeitlich begrenzten Arbeitsverhältnis wirklich sein?

Hintergrund: Kündigung während der Probezeit im befristeten Job

Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, deren befristeter Arbeitsvertrag auf zwölf Monate angelegt war. Vereinbart war darin eine viermonatige Probezeit mit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist. Noch innerhalb dieser Frist wurde das Arbeitsverhältnis von der Arbeitgeberin beendet. Die Mitarbeiterin hielt die vereinbarte Länge der Probezeit jedoch für überzogen und damit rechtswidrig. Ihrer Auffassung nach hätte nur eine kürzere Probezeit zulässig sein dürfen – und damit auch eine längere Kündigungsfrist gegolten.

Oft umstritten: Wie lang darf eine Probezeit in einem zeitlich begrenzten Arbeitsverhältnis wirklich sein?

Gerichte uneins über Maß und Mitte

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte in der Vorinstanz zunächst eine Grenze gezogen: Als Richtwert für die zulässige Dauer einer Probezeit bei einem auf ein Jahr befristeten Vertrag sollten 25 % der Vertragslaufzeit gelten – also drei Monate. Alles darüber hinaus sei im Regelfall unverhältnismäßig. Die Richter dort hielten die vier Monate für zu lang, bestätigten aber immerhin die Kündigung – allerdings mit späterem Enddatum.

Bundesarbeitsgericht: Keine starren Prozentgrenzen

Das BAG sah das anders. Die obersten Arbeitsrichter betonten, dass es keine festen Regelwerte für die Dauer einer Probezeit gibt. Maßgeblich sei immer der Einzelfall. Es müsse geprüft werden, ob die Länge der Probezeit zur Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses und zur Komplexität der Tätigkeit passt. In dem konkreten Fall lag ein detaillierter Einarbeitungsplan mit mehreren Phasen vor, der 16 Wochen dauerte. Das reichte dem Gericht als Begründung für die Viermonatsfrist aus.

Bundesarbeitsgericht: Keine festen Regelwerte für Dauer der Probezeit – maßgeblich ist immer der Einzelfall

Wichtiger Hinweis: Probezeit ist nicht gleich Wartezeit für Kündigungsschutz

Ein weiterer interessanter Aspekt des Urteils: Selbst wenn eine Probezeit im Vertrag zu lang angesetzt wurde, heißt das nicht automatisch, dass dadurch der allgemeine Kündigungsschutz vorzeitig greift. Denn die gesetzliche Wartezeit von sechs Monaten gemäß § 1 Kündigungsschutzgesetz bleibt davon unberührt – sie wird nicht automatisch verkürzt, nur weil die Probezeit als unzulässig lang eingestuft wird.

Was bedeutet das für Arbeitnehmer und Arbeitgeber?

Für Arbeitgeber bedeutet das Urteil: Sie sollten die Länge der Probezeit im befristeten Vertrag sorgfältig begründen können. Besonders wenn sie über ein Viertel der Vertragslaufzeit hinausgeht. Ein nachvollziehbarer Einarbeitungsplan, Schulungsphasen oder komplexe Aufgabenbereiche können dafür sprechen.

Arbeitnehmer hingegen sollten wissen: Auch bei einem befristeten Arbeitsverhältnis ist eine längere Probezeit nicht per se unzulässig. Die Gerichte schauen sich genau an, wie der Job strukturiert ist und ob die Probezeit sinnvoll erscheint. Eine Kündigung in der Probezeit kann also auch dann wirksam sein, wenn sie länger dauert als „üblich“. 

Wichtiger Hinweis: Gesetzliche Wartezeit bis zum Greifen des Kündigungsschutzes bleibt von Länge der Probezeit unberührt.

Fazit: Keine starre Grenze – aber klare Anforderungen

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts macht deutlich: Die Länge der Probezeit in befristeten Arbeitsverhältnissen ist kein reines Rechenexempel. Arbeitgeber können längere Probezeiten vereinbaren – müssen aber gut begründen, warum. Für beide Seiten gilt: Verträge sollten klar, durchdacht und nachvollziehbar gestaltet sein. Das schützt nicht nur vor gerichtlichen Auseinandersetzungen, sondern schafft auch faire Bedingungen im Arbeitsverhältnis.

Rechtliche Grundlagen und weiterführende Hinweise

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. Oktober 2025 – 2 AZR 160/24 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2. Juli 2024 – 19 Sa 1150/23

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Fachanwalt für Insolvenzrecht
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