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Berücksichtigung der einmaligen anlassbezogenen Zuwendung beim BAföG

von | 16. Dez. 2024 | Familienrecht

BAföG-Rücknahme rechtswidrig: Gericht hebt Bescheid auf.

Ein Verwaltungsgericht entschied kürzlich zugunsten einer jungen Klägerin, die sich gegen die teilweise Rücknahme ihrer Ausbildungsförderung durch die zuständige Behörde gewehrt hatte. Im Mittelpunkt des Verfahrens stand eine Zahlung ihres Vaters in Höhe von 8.000 Euro, die von der Behörde als Unterhalt gewertet und zur Kürzung der Förderbeträge herangezogen wurde. Das Gericht sah dies anders und erklärte den Bescheid für rechtswidrig.

Die Vorgeschichte: Eine finanzielle Zuwendung sorgt für Streit

Die Klägerin, eine junge Studentin, hatte für den Zeitraum von September 2022 bis August 2023 Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erhalten. Der Bewilligungsbescheid vom Oktober 2023 sicherte ihr eine monatliche Unterstützung von 297 Euro zu. Im November desselben Jahres hob die Behörde den Bescheid teilweise auf und forderte bereits gezahlte Beträge in Höhe von 2.664 Euro zurück. Begründet wurde dies damit, dass der Vater der Klägerin eine Zahlung von 8.000 Euro geleistet habe, die als Unterhalt anzusehen sei.

Die Klägerin widersprach dem vehement. Sie argumentierte, dass es sich bei der Zahlung ihres Vaters um ein Geschenk zu ihrem 18. Geburtstag gehandelt habe, das nicht mit den laufenden Unterhaltszahlungen in Verbindung stehe. Sie erhob Anfechtungsklage gegen den Rücknahmebescheid.

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Die Klage: Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung

Die Klägerin reichte beim Verwaltungsgericht Anfechtungsklage ein. Sie hielt die Rücknahme des Bescheids für unrechtmäßig und betonte, dass die Zahlung ihres Vaters keine unterhaltsersetzende Leistung gewesen sei. Ihre Argumentation stützte sich insbesondere darauf, dass der Vater die Zahlung explizit als Schenkung bezeichnet hatte. Diese Ansicht wurde auch durch Zeugenaussagen, schriftliche Belege und den Kontext der Zahlung untermauert.

Die Klägerin machte zudem geltend, dass sie auf die Rechtmäßigkeit des ursprünglichen Bewilligungsbescheids vertrauen durfte. Der Rücknahmebescheid verletze daher ihr Vertrauen und sei rechtswidrig.

Der Prozess: Zeugen, Beweise und WhatsApp-Nachrichten

Das Gericht befasste sich eingehend mit der Frage, ob die Zahlung des Vaters tatsächlich als Unterhalt oder doch als Schenkung zu werten sei. Mehrere Zeugen, darunter die Mutter der Klägerin und Freunde, bestätigten deren Darstellung, dass der Betrag eine Geburtstagszuwendung und keine regelmäßige Unterhaltszahlung gewesen sei. Auch der Vater der Klägerin erklärte vor Gericht glaubhaft, dass er die Zahlung ausdrücklich als Geschenk und nicht als Unterhalt verstanden habe. Dies wurde durch eine WhatsApp-Nachricht gestützt, in der er klarstellte, dass die Zahlung nicht mit den monatlichen Unterhaltsüberweisungen zu verrechnen sei.

Besonders überzeugend war für das Gericht die Tatsache, dass der Vater die monatlichen Unterhaltszahlungen weiterhin regelmäßig geleistet hatte. Diese waren stets als „Unterhalt“ gekennzeichnet, während die 8.000 Euro in keiner Weise als solche deklariert worden waren. Die Angabe „Studiengebühren“ im Überweisungszweck wertete das Gericht als nebensächlich.

Das Urteil: Rücknahme unzulässig, Forderung unbegründet

Das Verwaltungsgericht gab der Klägerin in vollem Umfang Recht. Es erklärte den Bescheid der Behörde vom 29. November 2023 für rechtswidrig und hob ihn auf. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Zahlung des Vaters eindeutig eine Schenkung gewesen sei und daher nicht als Unterhalt im Sinne des BAföG angerechnet werden dürfe.

Auch der Vertrauensschutz der Klägerin wurde betont: Selbst wenn der ursprüngliche Bewilligungsbescheid fehlerhaft gewesen wäre, hätte die Klägerin darauf vertrauen dürfen, dass er rechtmäßig sei. Sie habe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig falsche Angaben gemacht.

Die Rückforderung der Behörde in Höhe von 2.664 Euro sei daher unzulässig, ebenso die teilweise Rücknahme des Bewilligungsbescheids.

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Hintergrund: BAföG, Unterhalt und Schenkungen

Das Urteil zeigt die Herausforderungen bei der Abgrenzung von Unterhaltszahlungen und Schenkungen im BAföG-Recht. Während Unterhaltsleistungen der Eltern angerechnet werden, bleiben Schenkungen in der Regel unberücksichtigt. Entscheidend ist, wie die Zahlung rechtlich einzuordnen ist – eine Frage, die in Fällen wie diesem oft zu intensiven Streitigkeiten führt.

Das Urteil dürfte über den konkreten Fall hinaus Signalwirkung haben. Es unterstreicht die Rechte von Studierenden auf Vertrauensschutz und stellt klar, dass Behörden sorgfältig prüfen müssen, bevor sie finanzielle Zuwendungen als Unterhalt werten.

VG Hamburg 2. Kammer | 16.09.2024 | Aktenzeichen: 2 K 5648/23

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Ein Portrait Ihres Ansprechpartners zu diesem Thema, Rechtsanwältin Inge Saathoff

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Inge Saathoff

Fachanwältin für Familienrecht

Ein Portrait Ihres Ansprechpartners zu diesem Thema, Rechtsanwalt Burkhard Bühre

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Burkhard Bühre

Fachanwalt für Familienrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht